Schadet der Wolf dem Wald?
Leserbrief von Werner Wyss, Mutten/Thusis

Direkt schadet der Wolf dem Wald nicht, denn er verursacht ja keine Verbiss- und Schälschäden. Auch frisst der Wolf keine Astzweige und Jungbäume. Aber indirekt schadet der Wolf sehr wohl dem Wald – insbesondere wenn er im Rudel in Erscheinung tritt. Besonders im Winter bei tiefen Temperaturen und hohen Schneemassen braucht das Wild absolute Ruhe im Rückzugsgebiet, um die äusserst harte Zeit zu überstehen. Deshalb werden immer mehr Wildruhezonen ausgeschieden und von den Wildhütern, Förstern und Jägern überwacht. Wenn in dieser Zeit einzelne Wölfe oder ein ganzes Rudel in das Rückzugsgebiet eindringen, verursacht dies beim Schalenwild eine ungeheure Stress-Situation. Das durch den Winter geschwächte Wild verbraucht bei der Flucht viel Energie und gerät dadurch in einen Erschöpfungszustand, der manchmal zum Tode führt. Die überlebenden Tiere flüchten in das nächste Waldgebiet – auch in sogenannte Schutzwälder. Um den Energieverbrauch wieder wett zu machen, werden in der Folge Jungbäume verbissen und Baumstämme geschält, das heisst, die Baumrinde wird abgenagt resp. abgezogen und verspeist. Im tiefen Schnee finden die Hirsche-, Rehe- und Gämsen kein anderes Futter, um in einer solchen Situation zu überleben. Deshalb sind Störungen durch wen auch immer zu vermeiden. Aufgrund dieser Tatsachen darf mit Fug gesagt werden, dass der Wolf indirekt dem Wald schadet und zwar mehr als schlechthin angenommen. In der Beurteilung über die Annahme oder Ablehnung des revidierten Jagdgesetzes ist dieser Aspekt nicht unerheblich. Gesamthaft betrachtet, bringt ein Ja zum überarbeitet Jagdgesetz weit mehr Vorteile als Nachteile.