Zeit für Eigenverantwortung – auch in der Regierung

Wenn ein Regierungsrat im Ernst sagt, er müsse als 58-Jähriger «noch einmal schauen, wo man etwas zu machen bekäme» (Zitat RR Bühler in der NZZ vom 03.11.2025), dann fragt man sich, in welcher Welt dieser Regierungsrat lebt. Wer über Jahre ein öffentliches Amt bekleidet, mit einem Jahresgehalt von über 270’000.00 Franken, hat alle Möglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen – auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt.
Statt Demut zeigt Bühler in der laufenden Debatte jedoch Trotz. Er warnt davor, dass Regierungsmitglieder «vor Amtsende auf Jobsuche gehen» müssten – als wäre es ein unzumutbarer Gedanke, nach einer politischen Karriere wieder selbst Verantwortung für sich zu tragen. Dieses Argument ist nicht nur schwach, sondern auch realitätsfremd. Gerade in Graubünden zeigt sich seit Jahren das Gegenteil wenn es um ausscheidende Regierungsmitglieder geht.
Wer Verantwortung für sich trägt, findet auch ohne „Fallschirm“ seinen Weg.
Wenn der Regierungsrat heute behauptet, eine finanzielle Absicherung sei nötig, um „fähige Leute“ anzuziehen, dann beleidigt er indirekt all jene, die täglich Verantwortung in Wirtschaft und Politik tragen, ohne auf Sonderrechte zu pochen. Es ist Ausdruck einer politischen Kultur, die sich von der Realität der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entfernt hat und rein gar nichts mit der Sicherung der Unabhängigkeit zu tun hat.
Ein Regierungsamt ist kein Versorgungsposten. Es ist ein Auftrag auf Zeit – ein Dienst am Kanton und dessen Bevölkerung, kein Ticket für ein bequemes Auskommen auf Zeit, bis zur Pensionierung oder wie heute gar darüber hinaus.
Die Initiative «Schluss mit lebenslangen Ruhegehältern für Regierungsräte» ist keine Neiddebatte, sondern eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wer Vertrauen will, soll Vorbild sein – nicht Nutzniesser eines überholten Systems. Die Zeit der goldenen und silbernen Fallschirme ist vorbei. Verantwortung endet nicht mit dem letzten Tag im Amt – sie beginnt dort von Neuem – und zwar für sich selbst. Ja zur Initiative und Nein zum Gegenvorschlag.
Jan Koch, Grossrat SVP, Tamins
